Geerdeter Neubau mit viel HolzAppenzeller Magazin Februar 2016

Schön und funktional zugleich ist das neue Bad Säntisblick in Waldstatt. Das Stammhaus aus dem 18. Jahrhundert wurde harmonisch mit dem neuen dreigeschossigen Massivholzbau verbunden. Viel Holz sorgt im Seniorenheim für eine wohnliche Atmosphäre. Den Bewohnern gefällt's, und auch in Fachkreisen wird die Architektur gelobt.

Allein der Ort ist einmalig. Im Rücken, sozusagen als Schutz, der Badtobelwald und gegen Süden der offene Blick auf die Gipfel des Alpsteins, vom Schäfler bis zur Silberplatte. Wer seinen Lebensabend im Seniorenheim Bad Säntisblick in Waldstatt verbringt, dem fehlt es nicht an Weitblick. Und seit das Heim mit einem Um- und Erweiterungsbau auf den neusten Stand gebracht worden ist, können die betagten Bewohnnerinnen und Bewohner auch von einer zeitgemässen Infrastruktur profitieren.

Von aussen betrachtet zeigt das «neue» Bad Säntisblick zwei Gesichter: Das Mitte des 18. Jahrhunderts als Kur- und Brauereigebäude erbaute östliche Stammhaus steht als typischer Massivbau seiner Zeit da, derweil der dreigeschossige Minergie-Neubau als reine Holzkonstruktion mit schnörkellosen Linien errichtet wurde. Für den Zusammenhalt der beiden Häuser sorgt das vorgelagerte Sockelgeschoss. Darüber, in der Mitte der beiden Gebäude, schafft die Eingangshalle mit der grossen Glasfront eine transparente Verbindung.

DASS SICH IM WALDSTÄTTER BAD gut sein lässt, wussten schon unsere Vorfahren: Einst wurde hier zur körperlichen und seelischen Erholung gekurt. Die Grundlage dafür bildete neben der idyllischen Lage mit dem Naturweiher und der Alpsteinsicht eine heilsame Wasserquelle: Sie wurde 1772 im Kiesel unter dem Dorfgrund entdeckt. Waldstatt war zu jener Zeit ein gerne besuchter Kurort.

Von der idyllischen Lage, der Aussicht und dem gesunden Wasser profitieren nun Pensionäre: Vor 50 Iahren wurde das Kurhotel zum Seniorenheim. Seit acht Jahren tragen Margrit und Walter Harzenetter als Mitinhaber und Heimleiter die Verantwortung für das Bad Säntisblick, das als private Aktiengesellschaft betrieben wird. Unter ihrer Regie wurde ab Herbst 2011 der Um- und Erweiterungsbau realisiert, im Mai 2013 konnte das neue Haus bezogen werden.

MEHR HOTEL DENN ALTERSHElM soll es in seiner Wirkung sein und nach Möglichkeit ein Holzbau: Diesen Anspruch stellte die Bauherrschaft an das neue Bad Säntisblick. Die Vorgaben wurden von den Planern des Architekturbüros Alex Buob AG, Heiden, gekonnt umgesetzt. Das grosszügige Foyer ist lichtdurchflutet, die Möblierung mit Sesseln und Salontischen zurückhaltend und schlicht. Ein Blickfang sind die transparenten Blattornamente an den gläsernen Türen und Durchblicken. Laut Walter Harzenetter sind sie Kunst am Bau und Orientierungshilfe zugleich. «Jedes Stockwerk nimmt die Blätter eines anderen Baums auf — Birke, Linde, Holunder, Kirsche — und dazu dessen charakteristische Farbe. Das sanfte Grün der Lindenblüten prägt den Eingangsbereich.

Aus der Ferne tönt Vogelgezwitscher. Jetzt, mitten im Winter? Der Blick wandert die Treppe hinunter auf einen Vogelkäfig, wo Wellensittiche und Kanarienvögel um die Wette zwitschern. Einer pfeift besonders schön. «Das ist Mozart», sagt Walter Harzenetter. Tiere seien im Bad Säintisblick willkommen, betont er und erwähnt auch die Katzen, Hühner und Zwerggeissen, die rund ums Hans anzutreffen sind. Und wie gerufen kommt Heimhund Foxi um die Ecke und wird Von Walter Harzenetter mit Streicheleinheiten begrüsst.

AUF DIE ARCHITEKTUR des neuen Bad Säntisblick ist der Heimleiter stolz, «Der dreigeschossige Neubau ist aus Appenzeller Holz gefertigt, die Verwendung dieses leimfreien Kreuzlager-Vollholzsystems für ein Heim ist in dieser Grössenordnung in der Schweiz einmalig.» Dass der Bau in Fachzeitschriften immer wieder lobend erwähnt wird, nimmt er deshalb mit Freude zur Kenntnis.

Beim «Constructive Alpes 2015» zum Beispiel, einem internationalen Wettbewerb für nachhaltiges Sanieren und Bauen in den Alpen, schaffte es das Waldstätter Seniorenheim unter die 30 Finalisten. Bei 350 Eingaben aus verschiedenen Ländern sei diese Platzierung eine grosse Anerkennung, sagt Walter Harzenetter. Gleichzeitig relativiert er: «Das Optische ist das eine, mindestens so wichtig sind die Funktionalität und die praktischen Abläufe für das Personal und die Wohnenden.» Auch damit habe man sich bei der Planung intensiv beschäftigt. Mit schwellenlosen Übergängen, breiten Gängen und Türen sind die Hindernisse auf ein Minimum reduziert. Die Stockwerke sind im Kern des Hauses mit einem grosszügigen Treppenhaus erschlossen, selbstverständlich mit Lift. Dieser Trakt ist aus Beton. «Das hat statische Gründe», sagt Walter Harzenetter. Den Sichtbeton bezeichnet der Heimleiter als schönen Kontrast zu den Parkettböden und Fichtenholzwänden und —decken. Neben den Glastüren bringen zusätzliche Fenster und eine Lichtkuppel viel Helligkeit ins Treppenhaus. Das schafft Transparenz und Leichtigkeit.

GUT 60 PENSIONÄRE verbringen im Waldstätter Bad Santisblick den Lebensabend. Sie wohnen und leben ausschliesslich im Neubau. Dass ihnen im gesamten Haus genügend Bewegungsraum zur Verfügung steht, ist dem Heimleiterehepaar wichtig. «Das Zimmer ist Rückzugsort, in den Aufenthaltsräumen auf den Etagen kommen die Pensionärinnen und Pensionäre zusammen und tauschen sich aus», sagt Walter Harzenetter.
Und hier erhalten die Blattornamente und Baumprofile nochmals einen grossen Auftritt: Im zweiten Obergeschoss zum Beispiel ist eine Wand in zartem Rot gestrichen und darauf eine Nuance dunkler ein Kirschbaum schabloniert. «Chum mir wei ga Chrieseli günne . . .» oder «Chlöpfer» steht daneben geschrieben. Es ist eine Auswahl jener Gedanken, welche die Bewohnerinnen und Bewohner zu diesem Baum zusammengetragen haben.

Die Seniorenzimmer sind schlicht gestaltet: Wände, Decke, Boden und Einbauschränke aus unbehandeltem Tannenholz, Das schafft eine heimelige Atmosphäre. Wer weisse Wände bevorzugt, der entscheidet sich für eines der neuen Zimmer im ebenerdigen Sockelgeschoss. Da wie dort verfügt jedes Zimmer über eine eigene Nasszelle mit Dusche und WC und einen Balkon oder Gartensitzplatz.

IM ALTBAU SIND die Dienstleistungsräume untergebracht: auf der unteren Ebene die Küche und die Gaststuben und darüber der Saal sowie der Spitex-Stützpunkt. Im obersten Stock, direkt unter dem Dach, wurde unter der Regie des pensionierten Waldstätter Zimmermanns und Berufsschullehrers Werner Zellweger eine Ausstellung zum Thema «Schauplatz Handwerk» eingerichtet. Für Walter Harzenetter ist die Ausstellung für das Seniorenheim eine Bereicherung. Das Haus werde auch von den Leuten belebt, die zu Besuch kommen, sagt er. Denn: «Das Bad Säntisblick soll Begegnungsort zwischen Heimbewohnern und Waldstättern sein, mit musikalischen Darbietungen, Bilderausstellungen von Kunstschaffenden aus dem Dorf oder Brauchtumsanlässen.» Oder man trifft sich zu einem Spaziergang in der schön gestalteten und rollstuhlgängigen Gartenanlage rund um den Weiher. Bänke zum Verweilen sind dort grosszügig vorhanden.

 

 

 

Unter der Regie des Heimleiterehepaares Margrit und Walter Harzenetter erhielt das Bad Säntisblick eine moderne Erweiterung.

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